Montag, 29. Juni 2015

pro libris - ein votum für das buch

Kürzlich hetzte ich wie eine Verrückte zum Bahnhof, um den Zug in die Stadt zu erwischen. Schliesslich hatte ich eine Verabredung und wollte pünktlich sein. Sicher. Aber ich weiss auch, wie unaufgeregt mein Umfeld darauf reagiert, wenn man mal ne halbe Stunde später aufkreuzt. Also alles easy. Deswegen muss ich gestehen, ein guter Teil meiner Motivation, wie ein flotter Schumi durch's Kaff zu flitzen, ist der Tatsache geschuldet, dass ich nicht eine halbe Stunde am Bahnhof warten wollte.

 Erst lag ich gut in der Zeit. Aber dann fand ich meine Sonnenbrille nicht. Und dann den Schlüssel. Und dann haute die Katze ins Treppenhaus ab. Und letzten Endes schoss ich bei tropischen Verhältnissen auf dem Velo Richtung Bahnhof.

Ich rannte die Rampe hinauf, stempelte meine Mehrfahrtenkarte in der Manier einer routinierten Orientierungsläuferin, sprintete in Richtung Zug, rein und Türe zu. Hätte in Zeitlupe echt super ausgesehen. Mit "We are the Champions" von Queen im Hintergrund. Ich jubelten innerlich schon etwas über die Punktlandung, aber dann... standen wir erst mal da.

In den drei Minuten bis zur Abfahrt wurde ein innerer Dialog zum Selbstläufer:

"Ou läck, zum Glück hat's grad noch gereicht!"
"Wieso?"
"Mein Handy hat fast kein Akku mehr..."
"Hältst du es keine halbe Stunde mit dir aus, ohne an deinem Handy rum zu drücken?"
"Eh..."
"Häi, das ist ja recht armseelig."
"Ja als Mami..."
"Muss man in jeder freien Minute auf Facebook? Oder ein blödes Spiel spielen?"
"Eh..."
"Merksch! Du bist genau so, wie du nicht willst, dass dein Kind wird!"
"Eh... Ou! Muss man jede freie Minute nutzen, wollte ich sagen."
"Dann lies doch ein Buch. Bekamen wir als Kinder zu hören."
"Eh... Wie?"
"Liess ein Bu-huuuch!"
"Wo soll ich denn jetzt ein Buch hernehmen? Ah nein, du meinst so ein kindle-Dings."
"Nein. Ich meine ein Buch. Bu-huuuch. Eins ohne Akku, der leer sein kann."